Mehr netto vom brutto
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Politiker mit der Forderung nach mehr netto vom brutto um die Wählergunst buhlt. Seit vielen Jahren. Passiert ist nichts. Im Gegenteil: Die kalte Progression hat die Situation für viele Arbeitnehmern eher verschlimmert. „In Zeiten, in denen die Kosten steigen und vielen Arbeitnehmern am Ende des Monats das Geld knapp wird, lohnt es, sich mit Möglichkeiten der Netto-Lohn-Optimierung zu beschäftigen“, empfiehlt der Steuerexperte Andreas Kramp in Frankfurt/Main.
Entscheidend ist für Arbeitnehmer weniger die Höhe des Bruttogehalts als vielmehr das Ergebnis unter dem Strich nach Abzug aller Abgaben. Andreas Kramp nennt einige Beispiele: „Eine Gehaltserhöhung muss nicht in Form von Geld gewährt werden. Fahrtgeldzuschüsse, Benzingutscheine, Kindergartenzuschuss, Firmenwagen, Betriebliche Rentenversicherung, Mitarbeiteraktien sind intelligente Entgeltbausteine, die dem Arbeitnehmer unter dem Strich mehr bringen als eine Erhöhung des Bruttogehalts“. Die Erklärung ist simpel: Durch eine Gehaltserhöhung rutscht der Arbeitnehmer in eine höhere Besteuerungsklasse und bekommt netto weniger ausgezahlt als vorher. Ein Systemfehler der Gesetzgebung? „Nicht unbedingt“, meint Andreas Kramp, „in der Theorie macht es Sinn, höhere Gehälter auch stärker zu besteuern. Allerdings muss die Progressionskurve so verlaufen, dass bei einer Gehaltserhöhung der Staat nicht mehr profitiert als der Arbeitnehmer“. Intelligente Entgeltsysteme haben auch psychologische Effekte: Arbeitnehmer identifizieren sich mehr mit dem Unternehmen, und, im Falle eines Firmenwagens, wiegt der Statuszuwachs meist schwerer als eine entsprechende Geldsumme.
Eine Win-Win-Situation
„Netto-Lohn-Optimierung ist für Arbeitgeber sogar in doppelter Hinsicht vorteilhaft: Lohnkosten sinken und die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter steigen“ erklärt Andreas Kramp. In Zeiten des Fachkräftemangels ein nicht zu unterschätzender Faktor. Andreas Kramp erläutert: „Gut ausgebildete Fachkräfte suchen sich heute die attraktiven Arbeitgeber aus. Unternehmen, die in der Hinsicht nichts zu bieten haben, werden Probleme bekommen“. In der Tat gewinnt Employer Branding in der Unternehmens- und Markenführung an Bedeutung. Bei allen renommierten Marken sind Employer Branding Kampagnen ein fester Bestandteil der Kommunikation. Ein attraktives Entgeltsystem ist an der Stelle eine wichtige Komponente. Andreas Kramp erklärt wie Lohn-Optimierung für den Arbeitgeber funktioniert: „Durch den gezielten Einsatz von steuerlich und sozialversicherungsrechtlich begünstigten Entgeltbausteinen kann der Arbeitgeber die Lohnkosten erheblich senken. Bei Unternehmen mit mehreren 100 Mitarbeitern können Summen im sechsstelligen Bereich zusammenkommen“. Neben der Reduzierung der Lohnkosten nennt Andreas Kramp weitere vorteilhafte Nebeneffekte: „Sofortige Liquidität und verbessertes Bankenrating stärken die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens“. In seiner Steuerberatungskanzlei geht Andreas Kramp mehrstufig vor: „Die Netto-Lohn-Optimierung ist ein mehrstufiger Prozess. Nach einer Kurzanalyse wird das Einsparungspotenzial prognostiziert. Anschließend schaut man sich die einsetzbaren Vergütungsbausteine an und stimmt sie in einem Strategiegespräch mit der Personalabteilung ab. Dann werden die Mitarbeiter informiert und die Ergebnisse der Mitarbeitergespräche werden arbeitsrechtlich fixiert.“ In der Folge ist eine laufende Beobachtung notwendig, damit auf Änderungen der steuerrechtlichen Bedingungen schnell reagiert werden kann.